Dresden: Die Waldschlösschenbrücke ist flacher und anschmiegsamer als das Blaue Wunder. (Maßstabgerechter Silhouettenvergleich: Henry Ripke Architekten).
ddd

Freitag, 22. März 2013

Der Kampf um Gleichmacherei und Zwangsneutralisierung der Geschlechter

Ein Gespenst geht um in Deutschland, das Gespenst der Überheblichkeit, der Besserwisserei und der Täuschung. Sogenannte Gutmenschen täuschen mit ihrem Bestehen auf formale Korrektheit eine angebliche political correctness vor. Ob jemand seine Sprache »gendert«, soll diesen Täuschern ein Hinweis darauf sein, inwieweit er eine geschlechterdiskriminierende Haltung hat oder eben nicht. Im Ergebnis verlagern die Täuscher den berechtigten Kampf um Gleichberechtigung der Geschlechter auf die Ebene der Gleichmacherei – Wortungetüme wie »MitarbeiterInnen« oder »Studierende« anstelle von »Mitarbeiter« und »Studenten« zeugen davon. Und fast alle machen diese formulatorische Praxis mit – nach dem Motto: Es ist zwar eigentlich Unsinn, aber ein Beibehalten des Richtigen kostet zu viel Kraft und Reputation. – Die DDR mit ihren gesellschaftlichen Gepflogenheiten lässt grüßen.

Im Dresdner Universitätsjournal 20/2012 habe ich dazu folgendes Schmunzelstück veröffentlicht:

Verführt von Brotduft

Zufußgehende schlenderten durch die Gasse. Vor dem Treppchen des Backenden, aus dessen Tür ein verlockender Duft von frischem Brot strömte, stritten zwei Fahrende, deren Lieferwagen ineinander verkeilt waren, wer der Übeltuende sei und was die Unfallursache gewesen sein könnte. Zwei Radfahrende, in den Ohren Hörstöpsel mit Musik, radelten in das Duo der streitenden Fahrenden, verletzten sich ziemlich schwer und mussten von Rotkreuzhelfenden versorgt werden. Typisch Studierende-Radfahrende, dachte da mancher Zuschauende, darunter überwiegend Anwohnende, solche Träumenden brauchen eigentlich Aufpassende. Ob das alles nicht vielleicht am duftenden Brot liegt, fragte ein Zweifelnder. Das brachte den Backenden in Schwierigkeiten. Als ambitionierter Handwerkender freute er sich über den verlockenden Duft, als potenzieller Verkehrsteilnehmender fühlte er sich fast schuldig. Wie leicht kann man doch, verführt von Brotduft, vom Fahrenden zum Zufußgehenden werden …

Sie haben das nicht so recht verstanden? Wohin es führt, wenn man konsequent auf politisch korrekte Formulierungen und damit auf die Zwangsneutralisierung alles Weiblichen und Männlichen verzichtet, sieht man an folgendem versimpelten Text, dessen primitive Einfachheit gerade an einer Universität beleidigend wirken muss.

Fußgänger schlenderten durch die Gasse. Vor dem Treppchen des Bäckers, aus dessen Tür ein verlockender Duft von frischem Brot strömte, stritten zwei Fahrer, deren Lieferwagen ineinander verkeilt waren, wer der Übeltäter sei und was die Unfallursache gewesen sein könnte. Zwei Radfahrer, in den Ohren Hörstöpsel mit Musik, radelten in das Duo der streitenden Fahrer, verletzten sich ziemlich schwer und mussten von Rotkreuzhelfern versorgt werden. Typisch Studenten-Radfahrer, dachte da mancher Zuschauer, darunter überwiegend Anwohner, solche Träumer brauchen eigentlich Aufpasser. Ob das alles nicht vielleicht am duftenden Brot liegt?, fragte ein Zweifler. Das brachte den Bäcker in Schwierigkeiten. Als ambitionierter Handwerker freute er sich über den verlockenden Duft, als potenzieller Verkehrsteilnehmer fühlte er sich fast schuldig. Wie leicht kann man doch, verführt von Brotduft, vom Fahrer zum Fußgänger werden …

Mathias Bäumel